Reform der Landesbauordnung ermöglicht eine schnellere Umsetzung
Das neue Gesetz für schnelleres Bauen, das der baden-württembergische Landtag Mitte März 2025 verabschiedet hat, erleichtert Photovoltaik- und andere Erneuerbare-Energien-Anlagen erheblich. Im folgenden Überblick sind die zentralen Änderungen der Landesbauordnung (LBO) zusammengestellt, die für die Photovoltaik künftig von Bedeutung sind.
Genehmigungsfreiheit für PV-Anlagen auf Dächern und Freiflächen
Eine der zentralen Neuerungen: PV-Anlagen sind künftig vollständig verfahrensfrei, unabhängig davon, ob sie auf Dächern oder im Freiland errichtet werden.
- Freiflächen-Photovoltaikanlagen sind verfahrensfrei gestellt (§ 50 Abs. 1 LBO)
- Die Verfahrensfreiheit gilt ebenso für Ladeinfrastruktur für Elektromobilität und
- für Anlagen zur Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff aus PV-Strom, sofern sie dem Eigenverbrauch dienen (§ 50 Abs. 1, Buchst. g LBO).
Wichtig: Auch wenn PV-Anlagen nun verfahrensfrei sind, müssen bei der Planung und Umsetzung weiterhin andere öffentlich-rechtliche Vorschriften beachtet werden, z. B. aus dem Natur-, Arten- oder Denkmalschutz, dem Wasserrecht oder Planungsrecht. Für Betreiberinnen und Betreiber bedeutet das: Auch ohne Baugenehmigung besteht eine eigene Prüfpflicht, ob solche Regelungen betroffen sind – insbesondere bei Freiflächenanlagen.
Schutz der Nutzung erneuerbarer Energien in Bauvorschriften
- Kommunale Bauvorschriften dürfen PV-Anlagen nicht mehr behindern oder einschränken (§ 74 Abs. 1 Satz 2 LBO).
- Bestehende Satzungen mit einschränkenden Regelungen müssen innerhalb von sechs Monaten angepasst werden – andernfalls verlieren sie ihre Gültigkeit.
Bereits heute gilt: Kommunen dürfen z. B. nicht verbieten, dass durch PV-Anlagen die äußere Gestaltung eines Gebäudes verändert wird – etwa durch Module auf Dächern oder Fassaden.
Neu ist, dass dieser Schutz künftig auch auf Einfriedungen und unbebaute Grundstücksflächen ausgeweitet wird. Dazu zählen beispielsweise Solaranlagen auf Lärmschutzwänden oder sogenannte Solarzäune.
Mehr Tempo im Baurecht – nicht nur bei der Photovoltaik
Die Reform der Landesbauordnung bringt nicht nur Erleichterungen für Photovoltaikanlagen mit sich, sondern enthält auch weitere Maßnahmen zur allgemeinen Beschleunigung von Bauverfahren. Diese können– je nach Projektkontext – auch für Vorhaben im Bereich der erneuerbaren Energien von Bedeutung sein. Dazu zählen insbesondere:
- Genehmigungsfiktion: Gilt für Bauvorhaben mit Genehmigungspflicht im vereinfachten Verfahren sowie Mobilfunkanlagen – bei ausbleibendem Bescheid innerhalb von 3 Monaten gilt die Genehmigung als erteilt.
- Abschaffung des Widerspruchsverfahrens bei den Regierungspräsidien: Führt zu schnelleren Entscheidungen bei genehmigungspflichtigen Bauvorhaben.
- Typengenehmigung: Erleichtert standardisierte Bauvorhaben wie Serienbauten – potenziell interessant für z.B. baugleiche PV-Carports mit integrierter Ladeinfrastruktur, die als Gesamtanlage betrachtet werden.
- Nachbarbeteiligung: Die Frist für Stellungnahmen wird von vier auf zwei Wochen verkürzt – relevant für Bauten mit Genehmigungspflicht.
Fazit: Ein Schritt in die richtige Richtung – mit Verantwortung und Nachbesserungsbedarf
Die Reform der Landesbauordnung bringt zweifellos wichtige Erleichterungen für den Ausbau der Photovoltaik in Baden-Württemberg. Dass sowohl Dach- als auch Freiflächenanlagen künftig verfahrensfrei gestellt sind, beseitigt bürokratische Hürden und ermöglicht eine deutlich schnellere Umsetzung vieler PV-Projekte – gerade im Gebäudebestand und auf gewerblichen Flächen. Auch der Schutz vor einschränkenden Gestaltungssatzungen und die Reduzierung brandschutzrechtlicher Anforderungen sind praxisnahe und längst überfällige Schritte.
Allerdings zeigt sich bei genauerer Betrachtung auch, dass die Reform nicht alle Fragen abschließend klärt. So bleibt die Verantwortung zur Einhaltung anderer Fachgesetze (etwa im Bereich Natur-, Arten- oder Denkmalschutz, Immissionsschutz oder Wasserrecht) weiterhin allein bei den Bauherrinnen und Bauherren. Ohne Genehmigungsverfahren fehlt eine formale Prüfung durch die Behörden – was zwar Verfahren beschleunigt, aber auch Rechtsunsicherheit erhöhen kann, insbesondere bei komplexeren Projekten im ländlichen Raum oder in sensiblen Gebieten.
Hinzu kommt, dass die Anpassung bestehender örtlicher Bauvorschriften an die neuen landesrechtlichen Vorgaben in der Umsetzung eine Herausforderung darstellen kann. Der Aufwand, unter anderem Satzungen zu überprüfen und rechtssicher zu überarbeiten, trifft vielerorts auf ohnehin knappe personelle Ressourcen in den Bauämtern – insbesondere vor dem Hintergrund zahlreicher parallel laufender Aufgaben im Bereich Bauverwaltung und Klimaschutz.
Insgesamt stellt die Reform einen wichtigen Impuls für den beschleunigten Ausbau der Solarenergie dar – sie schafft klarere rechtliche Rahmenbedingungen und verringert unnötige Hemmnisse. Gleichzeitig zeigt sich: Der Weg zu einer wirklich durchgängig beschleunigten Energiewende ist komplex und erfordert weiterhin Koordination, Klarheit in der Umsetzung und rechtliche Sensibilität.
Weitere Informationen zur Reform der Landesbauordnung vom März 2025: https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/reform-der-landesbauordnung-beschlossen